„Aufruf zum Handeln“

Das Problem

Das heutige Forschungssystem im Gesundheitsbereich setzt an vielen Stellen die falsche Anreize. Pharmafirmen forschen weniger an den Krankheiten, die weltweit die meisten Opfer fordern, sondern an jenen, die den größten Profit bringen. Auch öffentliche Forschungsgelder fließen in zu geringem Maße in die Erforschung und Entwicklung von Medikamenten, Impfstoffen und Behandlungsmethoden gegen diese Krankheiten. Auf diese Weise entsteht eine große Forschungslücke und an vielen Krankheiten, die vor allem in Ländern des globalen Südens vorkommen, wird viel zu wenig geforscht. Zu diesen vernachlässigten Krankheiten gehören neben Tuberkulose, Malaria und Aspekten von HIV/Aids auch zahlreiche Tropenkrankheiten wie Buruli Ulcer, Chagas, Leishmaniose und die Schlafkrankheit. Von mehr als 1.500 medizinischen Wirkstoffen, die zwischen 1975 und 2004 neu entwickelt wurden, waren nur 21 für vernachlässigte Krankheiten, inklusive Tuberkulose und Malaria, bestimmt.

Handlungsbedarf

Ein breites Bündnis an deutschen NGOs, zum Beispiel Ärzte ohne Grenzen, Deutsche Stiftung Weltbevölkerung, Evangelischer Entwicklungsdienst und die Buko Pharma Kampagne hat deshalb einen „Aufruf zum Handeln“ initiiert, der auf diese Problematik der vernachlässigten Krankheiten aufmerksam machen soll und vier zentrale Forderungen an die deutsche Regierung stellt:

1. Forschung fördern

  • Erhöhung der Forschungsmittel.
  • Schaffung eigener Budgetlinien mit zweckgebundenen Mitteln.
  • Keine Vermischung mit „seltenen“ Krankheiten, die in Industrieländern vorkommen.
  • Unterstützung klinischer Forschung.
  • Stärkere Unterstützung der Institute, die schon mehr in diesem Bereich arbeiten.
  • Aufstockung von Programmen der DFG und der Gemeinschaften der außeruniversitären Forschungsinstitute, bis hin zur Neugründung von Instituten.

2. Product Development Partnerships (PDPs) fördern

  • PDPs als wichtiges Forschungsmodell für die nichtkommerzielle Forschung müssen gefördert werden.
  • Eine eigenständige Budgetlinie zur institutionellen Förderung von PDPs erhöht Transparenz und Planungssicherheit.
  • Die Förderung darf sich nicht auf deutsche Forscher/innen oder Institutionen beschränken, da PDPs international agieren.
  • Bei PDP-Forschung entstehende geistige Eigentumsrechte dürfen den Zugang zu den entwickelten Produkten nicht behindern.

3. Neue Anreizmodelle: Prämien

  • Forschungsprämien sind ein mögliches Alternativmodell für neue Forschungsanreize.
  • Förderung von Pilotprojekten, z.  B. Tuberkulose-Schnelltest.
  • Prämierte Projekte sollten als Allgemeingut zur Verfügung stehen.

4. Zugang als wichtige Rahmenbedingung

  • Produkte müssen allen Menschen zugänglich sein. Deshalb sollte die Generika-Herstellung Priorität haben.
  • Wichtige Modelle dafür sind nicht-exklusive Lizenzen, offene Lizenzen, Equitable Licensing, Open Source Modelle, Festsetzung von Maximalpreisen.
  • Die bisherigen Vorgaben einer gewinnorientierten Patentverwertung für öffentliche Forschung sollte reformiert werden, um mehr nicht-kommerzielle Projekte zu ermöglichen und den Zugang auch für arme Länder zu sichern.

Das Netzwerk Freies Wissen unterstützt diesen Aufruf und fordert die deutsche Regierung zu schnellem und entschlossenem Handeln auf. Den von vernachlässigten Krankheiten betroffenen Menschen auf der ganzen Welt kann geholfen werden. Deutschland, als Forschungsnation, soll und muss hier eine Vorreiterrolle übernehmen.

Philipp Frisch

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