ACTA offenbar kurz vor Abschluss

Die kommende Verhandlungsrunde Ende September in Japan könnte die letzte sein.

Nach Medienberichten sind die Vertragsstaaten (unter anderem: USA, Kanada, die EU, Schweiz, Japan, Südkorea, Singapur, Australien, Neuseeland) in der letzten Verhandlungsrunde in Washington (16 – 20 August 2010) offenbar vorangekommen und eine Unterzeichnung des Vertrages Ende September ist nicht unwahrscheinlich.

Das Ziel, das diese Staaten mit Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) verfolgen, ist die weltweite Unterbindung von Urheberrechts­verletzungen (insbesondere im Internet) und Markenfälschungen. Zusätzlich sollen aber auch andere geistige Eigentumsrechte wie Patente und geografische Herkunftsbezeichnungen mit unter das Abkommen fallen. Die internationalen Rahmenbedingungen zur Durchsetzung der Interessen der Rechteinhaber sollen vereinheitlicht und gestärkt werden. Es geht dabei in vielen Punkten über das TRIPS-Abkommen hinaus. Um dieses Ziel zu erreichen sieht ACTA eine Verstärkung der internationale Zusammenarbeit bei der Verfolgung solcher Delikte, insbesondere durch die Zollbehörden, vor. Außerdem soll der Austausch von Informationen zwischen verschiedenen Behörden und den Rechteinhabern erleichtert und der rechtliche Rahmen für die unnachgiebigere Verfolgung von Schutzrechtsverletzungen geschaffen werden.

Der Prozess: Geheimdiplomatie und „Forum-Hopping“

Eine massive Verstärkung der Schutzrechte auf geistiges Eigentum ist innerhalb internationaler Organisationen wie der Weltorganisation für geistiges Eigentum WIPO und der Welthandels­organisation WTO umstritten. Insbesondere Entwicklungsländer haben kein Interesse an einer Verstärkung geistiger Eigentumsrechte, weil diese Abkommen für sie vor allem mit Kosten, weniger mit Nutzen verbunden sind. Wegen der erwarteten Opposition wurden die Verhandlungen zu diesem Abkommen kurzerhand aus den eigentlich dafür zuständigen Gremien ausgelagert und in die geheimen Hinterzimmer der zwischenstaatlichen Diplomatie verlegt. Die Menschen, die durch dieses undemokratische Gebaren ausgeschlossen werden, werden bei einer Umsetzung auch am stärksten unter ACTA zu leiden haben: Bewohner von Entwicklungsländern, Konsumenten und die Zivilgesellschaft. Zwar hat die EU Kommission versprochen den vollen Text des Abkommens noch vor Unterzeichnung zu veröffentlichen, doch dann dürfte es für grundsätzliche Änderungen ohnehin zu spät sein. (Immer wieder sickerten noch geheime Entwürfe durch. Den aktuellsten findet man hier: http://www.laquadrature.net/en/new-acta-leak-2010-07-13-consolidated-text-luzern-round)

Opfer und Profiteure

Auch den Entwicklungsländern wird ACTA teuer zu stehen kommen. Sie sind in die Verhandlungen nicht involviert aber zweifellos die Hauptadressaten und Ziel der verschärften Maßnahmen.Die Versorgung armer Menschen in armen Ländern mit Medikamenten ist durch ACTA ebenfalls akut bedroht. Vor allem Opfer der HIV-Aids Katastrophe könnten durch eine internationale Verschärfung des Patent und Markenrechts von billigen und lebenswichtigen Generika zum Beispiel aus Indien abgeschnitten werden. (Bericht der Frankfurter Rundschau)

Auch jeder, der geschäftlich oder privat einen Computer nutzt, ist ein potentieller Urheberrechtsverletzer und gehört somit zur Zielgruppe der ACTA. In einer Zeit, in der Speicherplatz nahezu kostenlos ist, befinden sich ganze Aktenlager auf diesen Rechnern. Diese, teilweise hoch sensiblen Daten sind nun in akuter Gefahr. ACTA sieht unter anderem vor, Rechner und andere Datenspeicher, wie den I-Pod am Zoll durchsuchen zu lassen. Diese Daten sollen dann auch noch ohne richterliche Kontrolle mit Behörden in anderen Ländern ausgetauscht werden. Das würde einen noch nie dagewesenen Eingriff in die Bürgerrechte der Menschen darstellen und die Idee der Privatsphäre durch die Möglichkeit der flächendeckenden Überwachung von Daten ad absurdum führen.

Das Netzwerk Freies Wissen fordert daher:

  • ein sofortiges Moratorium aller Verhandlungen zu ACTA
  • die Offenlegung aller bisher geheimen Dokumente
  • eine Politik, die darauf abzielt den grundlegende Menschen- und Bürgerrechte zu stärken, anstatt sie ein ums andere mal zugunsten von Einzelinteressen der Wirtschaft auszuhöhlen

Weitere Informationen zu ACTA:

Autor: Philipp Frisch

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