Preispolitik der Pharmabranche auf dem Prüfstand

Teure Medikamentenpatente

Der Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler äußerte gegenüber den Tagesthemen, dass er „das Preismonopol der Pharmabranche brechen” wolle um Kosten in Milliardenhöhe einzusparen. Die bisherige Praxis, wonach die Hersteller von Medikamenten die Preise für ihre patentgeschützten Produkte selbst bestimmen können und die gesetzlichen Kassen dafür aufkommen müssen wäre damit am Ende. In Zukunft sollen, laut Rösler, unabhängige Studien den Nutzen von neuen Medikamenten beweisen, bevor ein neues (und teureres) Medikament von den Kassen erstattet werden kann. Dieser Prozess soll vom unabhängigen Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) überwacht werden. Was hier als bahnbrechende Neuerung vermarktet wird, sollte eigentlich selbstverständlich sein. Natürlich sollte der Zusatznutzen eines neuen Präparats gegenüber bestehenden Medikamenten geprüft werden, bevor dafür höhere Preise gezahlt werden.

Die Reaktion der Pharmaindustrie

Die Reaktion der Industrie ist so panisch wie sie es immer ist, wenn ihre Preispolitik in Frage gestellt wird. Cornelia Yzer, Hauptgeschäftsführerin des vfa (Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V.)  warnte vor „Planwirtschaft“, durch die „viel Geld verfeuert“ werden würde und mahnte die Politik sich zu entscheiden „ob sie wieder Planwirtschaft oder künftig Wettbewerb will“. Immer wieder werden auch die angeblich hohen Forschungskosten bei der Produktion von neuen Medikamenten als Grund für die hohen Preise ins Feld geführt. Und das von einer Branche die mit die höchsten Gewinnmargen hat und erheblich mehr Geld für Werbung als für die Forschung und Entwicklung ausgibt.

Geistige Eigentumsrechte auf Medikamenten

Patente auf Medikamenten ermöglichen den Produzenten 20 Jahre lang ein exklusives Verwertungsmonopol auf ihre Präparate. Ganz im Gegensatz zu den Äußerungen von Yzer führt das eben nicht zu mehr Wettbewerb, sondern zur Bildung von Preismonopolen. Ohne Konkurrenz, zum Beispiel von generischen Medikamenten, können die Firmen so Preise in beliebiger Höhe festsetzen.

Alternative Modelle

Niemand bestreitet ernsthaft, dass die Erforschung neuer Wirkstoffe viel Geld kostet und auch klinische Studien sehr kostenintensiv sind. Ursprünglich waren Patente deshalb dazu gedacht, Forschungsanreize zu bieten. Denn ist eine Wirkstoffkombination erst einmal bekannt, kann sie schnell und einfach von Konkurrenten kopiert werden, was die teure Forschung wenig lukrativ erscheinen lässt. Heute werden diese geistigen Eigentumsrechte allerdings immer mehr zu einem Selbstbedienungsladen für große Konzerne und einer „Lizenz zum Gelddrucken“. Alternative Modelle zur Forschungsförderung und Innovation sind deshalb dringend geboten. Da ein Großteil der Forschung, vor allem im Grundlagenbereich, ohnehin vom Staat finanziert in den Universitäten stattfindet wäre zum Beispiel die Einführung von “equitable licensing” interessant:
Lizensierungsbedingungen die festschreiben, dass Pharmafirmen die auf
öffentlich finanzierte Forschung zurückgreifen, faire
Zugangsmöglichkeiten zum Endprodukt beispielsweise in Entwicklungsländern
gewähren müssen.

Nicht nur in Deutschland ein Problem

In Deutschland geht es bei Patente auf Medikamente um die Finanzierung des Gesundheitssystems – in den Armen Ländern dieser Erde geht es um Leben und Tod. Hier stellt das herrschende System geistiger Eigentumsrechte im Bereich der Medizin ein riesiges Problem mit mehreren Dimensionen dar. Erstens verteuern die Patente wie oben geschildert dringend benötigte Medikamente, was dazu führt, dass jährlich Millionen von Menschen an behandelbaren Krankheiten sterben, weil sie sich die Medikamente nicht leisten können. Internationale Abkommen wie TRIPS verhindern die alternative Versorgung von Kranken mit billigen Generika. Zweitens setzen Patente in vielen Fällen falsche Anreize. So wird vor allem an lukrativen Medikamenten, die in Industrieländern verkauft werden können geforscht (wie Potenzmittel o.ä.) und nicht an den eigentlich gefährlichen und tödlichen Krankheiten (wie Malaria oder Tuberkulose), die vor allem in den finanzschwachen Regionen der südlichen Hemisphäre auftreten. Diese „vernachlässigten Krankheiten“ sind einfach nicht lukrativ genug. Auch hier müsste staatliche Forschung einspringen, wo private versagt. Das sie das nicht, oder nicht ausreichend tut kann man unter anderem in einer Studie von Ärzte ohne Grenzen nachlesen.

Fazit

Die Politik erkennt zunehmend die schädlichen Auswirkungen, die geistige Eigentumsrechte in vielen Bereichen haben. Doch anstatt Monitoringsysteme für die Wirksamkeit neuer Medikamente zu implementieren, die eigentlich selbstverständlich sein sollte, wäre sie gut beraten über grundsätzlich neue Anreizsysteme zur Innovationsförderung nachzudenken. Außerdem sollte sie bei allem jammern über das teure deutsche Gesundheitssystem nicht vergessen, dass die gleichen Patente, die hier Krankenkassen belasten, in anderen Regionen der Welt weit schlimmere Konsequenzen haben.

Autor: Philipp Frisch

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>